Maria Köfler Foto © Günter Kresser
Maria Köflers künstlerisches Hauptmedium ist die Zeichnung. Köfler arbeitet mit Tusche, Bleistift, Kugelschreiber, Filzstift, Rötel, Kreide und Lackstift auf Papier und erschafft eine surreal- bizzare Bildwelt, die sich in ihrer Vielschichtigkeit einer eindeutigen Lesbarkeit entzieht. Persönliche Erfahrungen und Beobachtungen stehen am Anfang, doch es sind gesellschaftliche Themen, wie Fressen und Gefressenwerden, Gier und Angst, Fairness und Gerechtigkeit, die Köfler auf die Tierwelt umlegt, um auf symbolisch aufgeladener Ebene über menschliche Befindlichkeiten zu reflektieren.
Fein gezeichnete Insekten und Kriechtiere wie Fliegen, Gottesanbeterinnen oder Nacktschnecken bevölkern die Blätter und interagieren vor abstrakt gemalten Hintergründen, fragmentierte Körperteile und Köpfe mit verstört- verzerrten Gesichtsausdrücken lassen den Betrachter, die Betrachterin erschaudern, aufwendig gestaltete Ornamente zitieren die Kunst- und kunsthandwerkliche Tradition und erinnern an jugenstilartige Rank- und Rahmenelemente.
Gleichzeitig mischen sich darunter aber immer wieder auch zeitgenössische Motive und Symbole unserer multimedialen Wirklichkeit.
Köfler möchte uneindeutige Geschichten erzählen, sie spielt mit (Vor-)Urteilen, Sehgewohnheiten und Gegensätzen.
Ekelerregendes mischt sich mit Dekorativen, skizzenhafte Elemente kontrastieren mit hyperrealistisch gemalten.
Die vordergründig unliebsamen Tiere können auch nützlich sein, etwas im ersten Moment Abstoßendes ist unter einem anderen Blickwinkel auch ansehnlich oder schön.
Text: Günther Oberhollenzer
Maria Köfler fokussierte sich lange primär auf das Medium der Zeichnung, das sich in seiner technischen Unabänderlichkeit und gewissermaßen Unbarmherzigkeit für ein Werk anbot, das sich beständig und konsequent, mit Identitätsfragen, Menschsein und Instinkt auseinandersetzt. Also diejenigen Dinge reflektiert, für die wir das Maß an eigener Selbstbestimmtheit, Handlungsmacht, Veränderlichkeit, die Frage, wie viel von uns selbst wir eigentlich tatsächlich in der Hand haben immer wieder ausloten müssen. Erst in den letzten Jahren findet auch die Malerei Einzug in ihr Werk. Das Denken aus der Grafik, der Linie, heraus bleibt dennoch zentrales Element ihrer Bildkompositionen: Während diese in früheren Arbeiten (auch formal die Bildflächen) durchtrennte, so thematisiert ihre absichtsvolle Auflösung oder ihr Fehlen, das auch fehlende Stabilität, Ordnung und Begrenzung, Einhegung, mit sich bringt, nun die fließenden Übergänge und die ambivalente Verbundenheit der Dinge miteinander. Auch in abstrahierteren Kompositionen bleiben naturalistische Fundamente verbindlich. In ihren diesigen Landschaften, verschwommenen, teils monochromen, Farbschemata handelt es sich um fiktive Naturszenerien, die zum Schauplatz und Werkzeug für die Frage werden, ob das Tatsächliche existiert oder nicht, nur weil wir es sehen, nicht mehr sehen, nie sahen, wann wir uns auf uns selber verlassen können… und wann die Dinge lediglich und ohne unser Zutun ihren Aggregatszustand verändern.
Text: Malin Heinecker
Maria Köfler, BA (1988*) ist bildende Künstlerin und Kuratorin. Neben ihrer eigenen Ausstellungstätigkeit absolvierte Köfler das Studium der Kunstgeschichte an der Leopold- Franzens- Universität in Innsbruck und arbeitet seit 2018 als Kunst- und Kulturbeauftragte des Unternehmens Steinmayr & Co. Unter anderem zuständig für den Bereich Partnerschaften/ Kooperation im Kunstbereich wirkte sie an zahlreichen Kulturprojekten und Produktionen mit. Seit 2020 leitet und kuratiert Köfler das zeitgenössische Ausstellungsformat „Im Vektor“. Seit 2023 ist Köfler Mitglied der Tiroler Künstler:innenvereinigung. Im selben Jahr bekam sie eines der Förderateliers des Vereins im Schloss Büchsenhausen zugesprochen. Seit 2024 ist weiters Vizeobfrau der Premierentage - Wege zur Kunst, Tirol.
English Version
Maria Köfler’s primary artistic medium is drawing. She works on paper with ink, pencil, ballpoint pen, felt-tip, red chalk, chalk, and crayon, to create a surreal, bizarre pictorial world whose complexity defies clear legibility. Based on personal experiences and observations, Köfler transfers social themes such as “eating and being eaten”, greed and fear, fairness and justice to the animal world to reflect human sensitivities on a symbolically charged level. Delicately drawn insects and critters such as flies, mantises, or slugs populate her works and interact against abstractly painted backgrounds. The viewer shudders at fragmented body parts and heads with disturbed, distorted facial expressions; elaborately designed ornaments allude to the traditions of art andcraft and remind us of art nouveau-like tendril and frame elements. At the same time, contemporary motifs and symbols of our multimedia reality arerepeatedly interspersed. Köfler wants to tell ambiguous stories. She plays with (pre)judgments, visual habits, and contradictions. The gruesome mixes with thedecorative; sketch-like elements contrast with hyper-realist drawings. But the seemingly unpleasant animals can also be useful – aesthetically repulsive at firstglance but beautiful if viewed from a different angle.
Text: Günther Oberhollenzer
Maria Köfler focused for a long time primarily on the medium of drawing, which, due to its technical unchangeability and, in a way, its mercilessness, offered itself for a work that consistently and thoroughly engages with questions of identity, humanity, and instinct. It reflects those aspects for which we must repeatedly explore the extent of our own self-determination, agency, and changeability, as well as the question of how much of ourselves we actually have in our hands. Only in recent years has painting also found its way into her work. Nevertheless, the thinking that emerges from graphics and lines remains a central element of her compositions: While earlier works (also formally in terms of the picture surfaces) were cut through, her intentional dissolution or absence now addresses the lack of stability, order, and limitation, bringing forth the flowing transitions and the ambivalent interconnectedness of things. Even in more abstract compositions, naturalistic foundations remain binding. In her hazy landscapes, blurred, partly monochromatic color schemes depict fictional natural scenes that become the stage and tool for the question of whether the actual exists or not, simply because we see it, no longer see it, never saw it, when we can rely on ourselves… and when things merely change their state of aggregation without our intervention.
Text: Malin Heinecker
Maria Köfler, BA (b. 1988) is a visual artist and curator. In addition to her own exhibition practice, Köfler studied art history at the Leopold-Franzens University in Innsbruck and has worked since 2018 as the arts and culture representative at the company Steinmayr & Co. Among other responsibilities, she oversees partnerships and collaborations in the arts sector and has contributed to numerous cultural projects and productions.
Since 2020, Köfler has directed and curated the contemporary exhibition format Im Vektor. In 2023, she became a member of the Tyrolean Artists' Association and was awarded one of the association’s sponsored studios at Schloss Büchsenhausen. As of 2024, she also serves as Vice Chair of Premierentage – Wege zur Kunst, Tirol.